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Theater + Übersetzung

Einführung

von Yvonne Griesel

Immer dieses Transfertheater! Auf der Bühne beginnt es immer in dem Moment, in dem das Publikum eine andere Sprache spricht als die Schauspieler:innen oder Performer:innen. Also immer dann, wenn ein Produktionsteam und die dazugehörige Inszenierung auf Reisen gehen, Personen aus anderen Ländern oder Regionen Teil des Publikums sind oder taube oder blinde Zuschauer:innen die Vorstellung besuchen. Um eine Vielzahl an Personen zu erreichen und über Theater in Dialog zu treten, braucht es Translation.

Und die findet auf unterschiedliche Art und Weise statt. Es gibt die Übertitelung, das Simultandolmetschen oder Einlesen, Synopsen, aber auch eine Vielzahl von kreativen Lösungen wie in die Inszenierung integrierte Dolmetscher:innen. Eine offene, transparente, adäquate und künstlerische Form der Translation auf der Bühne zu finden ist eine Herausforderung, der sich Theater, Festivals und Translator:innen tagtäglich, gemeinsam mit der Dramaturgie, Regie und Videotechnik stellen.

Mehr und mehr Inszenierungen spielen mit Sprache, Schriftlichkeit und Mündlichkeit, work in progress ist für viele Gruppen und Inszenierungen eine Selbstverständlichkeit geworden. Diese Arbeitsweise erfordert sehr komplexe Translationsvorgänge, in denen sich die gesprochene und geschriebene Sprache mit den technischen Parametern, Zeitplänen und den verschiedenen künstlerischen Stilebenen im Idealfall zu einem Ganzen verwebt.

Die Kunst einer guten Sprachübertragung am Theater liegt darin, eine Balance zwischen Pragmatik und literarischer Übersetzung zu finden. Darüber hinaus ist es wichtig, an der Ästhetik des Kulturtransfers zu arbeiten.

Eine fremdsprachige Inszenierung kann verdolmetscht oder übertitelt werden.

Weiterhin können Handouts mit mehrsprachigen Synopsen zur Verfügung gestellt werden, oder mehrsprachige Schauspieler:innen oder Dolmetscher:innen agieren mit auf der Bühne. Es gibt ganz unterschiedliche Möglichkeiten, da jede Inszenierung nach einer spezifischen Umsetzung verlangt . Es müssen verschiedene Aspekte, wie zum Beispiel das Bühnenbild, die Lichtverhältnisse, die Textmenge, die Sprechgeschwindigkeit, die Textsorte, die Vorlieben der Regisseur:innen und Bühnenbildner:innen, die finanziellen Möglichkeiten oder die Sprachkombination gewichtet werden. Nach Abwägung dieser Faktoren und der Festlegung der Transfermöglichkeit muss diese dann gemeinsam mit den Übersetzenden geplant und umgesetzt werden. Der deutliche Eingriff des Sprachtransfers in das Bühnengeschehen darf hier nicht außer Acht gelassen werden und bedarf deswegen einer genauso sorgfältigen Vorbereitung und Behandlung wie das Licht, der Ton, die Kostüme, die Dramaturgie, etc.

Kommt ein Theater zu Gast oder begibt sich auf Reisen, dann sollte die Sprachübertragung gut geplant sein. Es beginnt damit, dass man sie budgetiert und gleich zur ersten Bauprobe mitdenkt: wohin im Bühnenraum sollen die Übertitel  projiziert werden, auf welche vorhandenen Übersetzungen oder Originale kann sich die Übersetzung stützen, dass  ein/e professionelle/r Übertitler:in hinzugezogen werden muss und mit einem zeitlichen Vorlauf von zwei bis drei Monaten, mindestens jedoch einem Monat, die Sprachübertragung in Auftrag gegeben wird. Idealerweise arbeiten Übertitelung und Übersetzung Hand in Hand und begleiten den ganzen Prozess, fahren ggf. auch mit auf Gastspielreise und betreuen die Übertitel dann vor Ort. Für die Internationalisierung eines Theaters sollte man ebenso wie in den anderen Gewerken einen festen Stab an Übersetzer:innen und Übertitler:innen aufbauen, die mit dem Haus verbunden sind und eng mit der Regieassistenz, Dramaturgie und technischen Abteilung zusammenarbeiten.

Es gibt wunderbare Beispiele, wie eine Sprachübertragung nicht nur gut gelöst werden kann, sondern auch eine Bereicherung sein kann. Die Stolpersteine sind meist immer die gleichen und daher nicht schwer aus dem Weg zu räumen. Wichtig ist zum Beispiel das Markieren der Plätze, von wo aus die (z.B. englischen)  Übertitel am besten zu sehen sind, die Anschaffung einer modernen Software oder einfach die Verwendung eines leistungsstarken Computers oder Laptops. Die Vorbereitung kann noch so gut und teuer gewesen sein, wenn der Computer streikt oder der Beamer ausfällt, dann bleibt die Inszenierung für internationales Publikum oft unverständlich.

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