Planung
von Yvonne Griesel
Übertitel können zur Premiere gezeigt werden, zur zweiten oder dritten Vorstellung oder auch erst bei einem Gastspiel. Dementsprechend wird die Planung immer unterschiedlich gehandhabt. Werden die Übertitel für eine bereits bestehende Inszenierung angefertigt, arbeitet man mit einer Aufzeichnung der Premiere, geht ggf. in eine Vorstellung und erstellt die Übertitel anhand der Aufzeichnung in Absprache mit der Dramaturgie. Es ist wichtig zu erfragen, ob die Aufzeichnung auf dem aktuellen Stand ist, ob es Änderungen gibt und anhand des Regiebuchs zu überprüfen, ob die Fassung aktuell ist.
Sollen Übertitel bereits zur Premiere gezeigt werden, muss bewusst sein, dass dies in den Endproben zu zusätzlicher Arbeit führt, die viele Gewerke betrifft. Übertitler:innen sind dann ein weiterer Faktor im Reigen der Gewerke und müssen durch gute Kommunikation von allen Seiten mit einbezogen werden und sich auch aktiv einbringen. Damit es für alle Seiten relativ reibungslos funktioniert, sollte das Haus im Vorfeld über die Arbeitsschritte informiert werden.
Zeitliche Abläufe
Arbeitsschritte für eine Übertitelung
- Übertitel werden anhand der Inszenierung erstellt
- Die Übertitel werden zunächst in einer deutschen Fassung erstellt, die dann auch für Gastspiele nutzbar ist und in andere Sprachen übersetzt werden kann
- Es übersetzen immer erfahrene muttersprachliche Dramenübersetzer:innen, die Erfahrung mit Übertitelungen haben, da es eine besondere Form der Übersetzung ist und im Gegensatz zu einer Dramenübersetzung, die zwei bis drei Monate braucht, nur zwei bis vier Wochen zur Verfügung stehen.
- Für die Erstellung einer Übertitelmatrix sollte man ein bis zwei Wochen rechnen.
- Der gesprochene Text wird in Abhängigkeit vom Sprechtempo und der Sprache gekürzt, muss aber den literarischen Stil der Autor:innen wahren.
- Zwingend notwendig ist ein Videomitschnitt mindestens drei Wochen vor der zu übertitelnden Aufführung. Auf der Aufzeichnung muss das Bühnenbild, evtl. Textprojektionen auf Monitoren etc. zu sehen sein.
- Wird eine Übertitelung zur Premiere gewünscht, ist der/die Übertitler:in spätestens zur ersten Hauptprobe vor Ort und bringt in der Endprobenphase in Absprache mit Regie, Dramaturgie, Video und Soufflage die Übertitel in ihre endgültige Form.
- Alle Textänderungen müssen auch dem/der Übertitler:in transparent gemacht werden, idealerweise mit Zugang zu den digitalen Regiebüchern und Mitschnitten.
- Bei den Endproben macht sich der/die Übertitler:in selbst Audio- oder Videomitschnitte und arbeitet alle Änderungen ein. Hier kann es auch häufig zu Synergien mit den anderen Gewerken kommen.
- Eine Vorbesprechung oder die Anwesenheit der Übertitler:innen bei der ersten Bauprobe ist sinnvoll, um zu verhindern, dass im letzten Moment den anderen Gewerken der starke Eingriff in ihre Arbeit deutlich wird. Hier ist Kommunikation von Anfang an sehr hilfreich.
- Die Übertitel werden nach der Probe bearbeitet und in dieser Phase arbeitet man in enger Abstimmung mit den Übersetzenden. Die Arbeit findet zwischen den Proben statt.
- Nacharbeit: Auch nach der Übertitel-Premiere wird weiter an den Übertiteln gearbeitet, da sich Texte oder der Rhythmus, in dem gesprochen wird, im Laufe der Zeit immer verändern. Dramaturgie und Regieassistenz sollten bei jeder Änderung Kontakt aufnehmen, so wird gewährleistet, dass die Titel immer aktuell sind.
Gastspiele
- Existiert bereits eine Übertitel-Matrix, sollte sich das Theater mit den Übertitler:innen in Kontakt setzen. Die Matrix kann dann genutzt und in jede beliebige Sprache übersetzt werden.
- Die mit dem Stück bereits vertrauten Übertitler:innen können dann die Übertitel fahren, da die Matrix in der Ausgangssprache ist, ist das nicht abhängig von der Zielsprache.
- Sollte eine andere Person einbezogen werden, muss diese eingewiesen werden in das Stück und ggf. in die verwendete Software. Hier ist Kommunikation extrem wichtig. Die Rechte für die Matrix liegen bei der Person, die sie erstellt hat, dafür fallen ebenso wie für die Übersetzung Tantiemen an.
- Wird der Text in eine weitere Sprache übersetzt, ist es wichtig darauf zu achten, dass es sich um eine:n professionelle:n Übersetzer:in handelt, der/die theatererfahren ist. Hier sollte man auf die bestehenden Netzwerke zurückgreifen oder nach Empfehlungen gehen.
- Im Vorfeld sollte immer geprüft werden, ob die Aufzeichnung und das Regiebuch zur Vorbereitung auf dem aktuellen Stand sind, so dass es vor Ort keine unangenehmen Überraschungen gibt, es sollte besprochen werden, mit welcher Software gearbeitet wird etc.
- Im Vorfeld sollte das Format der Projektionsflächen in Absprache mit den Mitarbeiter:innen der Haustechnik geklärt werden, ein eventuelles Umformatieren kann unter Umständen sehr lange dauern und stellt häufig vor Ort einen großen Stressfaktor dar.
- Bei Gastspielen sollte darauf bestanden werden, die ursprünglichen Übertitler:innen der Inszenierung mitzunehmen, hier ist wiederum der Vergleich mit der Licht- und Tontechnik hilfreich. Die Übertitelung ist ein so feinverwobenes Kunstwerk, dass bei bis zu 1.500 Übertiteln, die dann für das gesamte Publikum relevant sind, kein Risiko eingegangen werden sollte.
Technik
Für eine gelungene Übertitelung benötigt man zunächst eine gute Beratung und eine genaue Planung. Im Idealfall wird Kontakt zu erfahrenen Übertitler:innen aufgenommen und/oder zu einer Firma, die sich auf Übertitelungen spezialisiert hat, und man lässt sich beraten.
Für eine gute Übertitelung wird benötigt:
- ein Mitschnitt der Inszenierung
- ein aktuelles Regiebuch (mit allen Strichen)
- existierende Übersetzungen zur Vorarbeit
- eine Übertitelungsmatrix
- eine gute Übersetzung
- eine adaptierte Übertitelungssoftware
- ein PC
- ein Beamer, LED, Tablet, Smartphone oder AR Brille
- eine Person, die die Titel fährt
Finanzielles
Jede Form der Sprachübertragung kostet Geld. Es ist sehr wichtig, die finanziellen Mittel von vorne herein zu budgetieren. Es fallen sowohl Kosten für die Übersetzung an als auch für die Erstellung einer Übertitelung, die entsprechende Software wie Übertitelungsprogramme und Hardware wie PCs etc. Auch technische Geräte wie Beamer, LEDs, Kopfhörer, Dolmetschanlagen, AR-Brillen o.a.m. müssen einkalkuliert werden.
Prinzipiell sollte hier zwischen Anschaffungskosten, die ggf. einmalig anfallen, vorhandener Technik, Leihgebühren, Honorarkosten und Tantiemen unterschieden werden
Übertitelung
Es wird ein leistungsstarker PC benötigt und für die Projektion der Titel je nach Entscheidung Beamer, LED-Leiste, AR-Brillen, Tablets, Smartphones. Die Anschaffungskosten und Leihgebühren sind hier recht hoch. Soll an einem Haus eine Übertitelung fest installiert werden, so lohnt es sich z.B. über die Anschaffung einer guten LED-Leiste nachzudenken. Bei individualisierten Lösungen, wie der Darstellung der Übertitel auf Tablets oder in AR-Brillen, wird meist ein Komplett-Paket angeboten, da hier auch die Ausleihe mitbedacht werden muss und Personal dafür vor Ort sein muss. Die Zuschauer:innen leihen sich ein Gerät und hinterlegen ihren Ausweis als Pfand.
Zur technischen Ausstattung kommen die Übersetzungskosten und die Kosten für die Erstellung einer sogenannten Übertitelungsmatrix. Das ist die deutsche gekürzte Fassung, in der sekundengenau die Übertitel an die entsprechende Stelle gesetzt sind. So eine Matrix besteht aus bis zu 1500 Übertiteln, die im Laufe der Zeit immer wieder korrigiert und angepasst werden. Diese Matrix wird dann in die gewünschte Sprache übersetzt. Die Preise orientieren sich an der Länge der Inszenierung und der Textmenge. Es werden hier Zeilenpreise zwischen 1,20 und 1,50 Euro veranschlagt. Die Matrix berechnet sich in Abhängigkeit der zu bearbeitenden Textmenge und des Schwierigkeitsgrades der Produktion. Im Durchschnitt fallen 2000-3000 Euro für eine Übertitelung an.
Das Fahren der Übertitel wird von einem/r Übertitelfahrer:in übernommen, der/die einen theaterüblichen Tagessatz berechnet. Werden die Übertitel zur Premiere gewünscht, werden drei bis vier Probentage angesetzt bei denen der/die Übertitler:in mit den vorbereiteten Übertiteln vor Ort ist. Auch hier wird die übliche Probengage veranschlagt.
Dolmetschen
Für das Dolmetschen einer Inszenierung wird eine Dolmetschanlage, ggf. mit Kabine und Kopfhörer benötigt. Diese werden normalerweise von Firmen im Komplett-Paket ausgeliehen, das auch die Betreuung durch Techniker:innen beinhaltet. Die Preise variieren je nach angefragtem Equipment, also zum Beispiel wie viele Kopfhörer benötigt werden, oder ob eine Kabine benötigt wird etc.. Professionelle Dolmetscher:innen vermitteln gerne einen Kontakt zu Firmen in ihrer Umgebung (hier muss man individuelle Angebote einholen, da die Firmen das immer individuell an die Veranstaltungsorte anpassen).
Das Dolmetschen im Theater umfasst genauso wie die Übertitelung eine Vorübersetzung, Proben und dann die Vorstellungen. Es sollte von einem/r erfahrenen Dolmetscher:in übernommen werden, der/die dann auch die Vorübersetzung übernimmt, da es sinnvoller ist, diese Aufgabe in einer Hand zu belassen. Natürlich werden bestehende Übersetzungen in Betracht gezogen und es wird in der Vorbereitung damit gearbeitet.
Der Tagessatz eines/r Dolmetscher:in beträgt etwa 700-1400 Euro. Professionelle Dolmetscher:innen haben sich in der AIIC organisiert und auch finanziellen Rahmen gesteckt. Diese Tagessätze beinhalten eine intensive Vorbereitung auf das Thema. Dolmetscher:innen arbeiten deshalb auch nicht nach Stundenlohn. Theater können teilweise Kulturtarife mit den Dolmetscher:innen aushandeln. Normalerweise sitzen beim Simultandolmetschen immer zwei Dolmetscher:innen in einer Kabine, da diese starke kognitive Belastung nur halbstundenweise erbracht werden kann. Im Theater kann aufgrund der guten Vorbereitung und bereits bestehenden Übersetzung auf diesen Wechsel verzichtet werden, sofern ein:e erfahrene:r Dolmetscher:in engagiert ist.
Audiodeskription
Genau wir beim Dolmetschen wird bei der Audiodiskreption einer Inszenierung eine Dolmetschanlage, ggf. mit Kabine und Kopfhörer benötigt. Diese werden normalerweise von Firmen im Komplett-Paket ausgeliehen, das auch die Betreuung durch Techniker:innen beinhaltet.
Da teilweise nur wenige Zuschauer:innen eine Audiodeskription benötigen, kann u.U. auch eine Personenführanlage mit z.B. 20 Kopfhörern ausreichen. Eine solche Anlage wird häufig über die Dolmetscher:innen selbst ausgeliehen oder ist auch in manchen Theaterhäusern vorhanden. Hier lohnt es sich, über eine Anschaffung nachzudenken, da die Kosten übersichtlich sind. Die Verdolmetschung kann auch aus einem geschlossenen Raum der Technik erfolgen, von dem aus ein guter Blick auf die Bühne gewährleistet ist.
Für eine Audiodeskription wird zunächst ein Skript von einem/r blinden und einem/r sehenden Beschreiber:in erstellt. Die Kosten hierfür sind wieder abhängig von der Länge des Stücks und belaufen sich grob auf 3000 – 4000 Euro. Der/Die Sprecher:in veranschlagt eine Pauschale für die Einsprache und eine Probenpauschale und benötigt im Idealfall einige Probentage. Insgesamt sollte man für eine Audiodeskription 4000-5000 Euro kalkulieren, wobei ein Teil der Kosten vom Inklusionsamt übernommen werden kann.
Gebärdensprach-Dolmetschen
Gebärdensprach-Dolmetscher:innen benötigen keine technischen Hilfsmittel, sie arbeiten direkt auf der Bühne oder stehen seitlich von der Bühne. Sie sind wie die Schauspieler:innen Teil des Bühnengeschehens. Sie bereiten sich mit einer Aufzeichnung auf ihren Dolmetscheinsatz vor. Dafür berechnen sie eine Probenpauschale, die abhängig von der Länge der Inszenierung ist. Meist werden einige Probentage benötigt, erfahrene Dolmetscher:innen können aber auch teilweise darauf verzichten.
Die Tagessätze für Gebärdensprach-Dolmetscher:innen liegen bei 700 – 1400 Euro, es lohnt sich aber auch hier nach Kulturtarifen zu fragen.
Alternative Formen
Die Erstellung einer Synopse in Zusammenarbeit mit der Dramaturgie oder auch selbständig kostet zwischen 300-500 Euro. Das hängt von der Länge des Stücks ab, von der Art des Textes und dem Aufwand, den die Absprachen bedeuten. Die dann erstellte deutschsprachige Synopse wird dann noch zu den üblichen Tarifen in die gewünschte Sprache übersetzt.
Das Engagieren eines/r speziellen Schauspieler:in, der/die auf der Bühne die Sprachübertragung übernimmt, ist äußerst selten, hier muss dann eine Schauspielgage veranschlagt werden.
Da die alternativen Formen so vielfältig sind, muss hier auf individuelle Absprachen gesetzt werden.
Einbindung
Sehr wichtig ist für einen gelungenen Sprachtransfer, ihn fest in die unterschiedlichen Gewerke einzubinden. Die Übertitelung betrifft z.B. sowohl die Dramaturgie, als auch die Regie, das Bühnenbild, die Video- und Lichttechnik, ggf. das Einlasspersonal u.a.m. Da der Sprachtransfer meist nicht von Anfang an Teil der Inszenierung ist und häufig erst in der Endprobenphase oder bei einer Gastspielreise zum Einsatz kommt, hilft es sehr, wenn alle beteiligten Gewerke gut über die notwendigen Schritte informiert sind.
Hilfreich ist es, eine Art Handout zu erstellen, dass allen zur Verfügung steht und erklärt was benötigt wird, wie die zeitlichen Abläufe sich darstellen und wieviel Personen involviert sein werden. Das fängt bei ganz grundsätzlichen Voraussetzungen an, wie groß sollte der Arbeitsplatz für Translator:innen sein, benötigen sie eine Arbeitslampe, wird technische Unterstützung während der Vorstellung benötigt, braucht die Übersetzerin eine Intercom, um mit der Inspizienz in Kontakt zu sein, möchte die Dramaturgie noch einmal auf die Textfassung schauen etc.
Sehr gut geeignet ist auch ein Workshop, in dem alle Schritte der Übersetzung, Übertitelung etc. erklärt werden und in der offene Fragen direkt erörtert werden können und ein Konzept direkt auf das Haus zugeschnitten werden kann. Je mehr Aufmerksamkeit im Vorfeld auf die Prozesse gelenkt wird, desto weniger Probleme gibt es beispielsweise vor Ort bei einem Gastspiel. Sehr sinnvoll ist es, wenn von Seiten der Intendanz das Thema Übersetzung und Transfer allen Gewerken nahgebracht wird. Dass sich das Theater bewusst ist, dass es neben den finanziellen Mitteln auch die Infrastruktur im Haus braucht. Zudem müssen die Kapazitäten, die beispielsweise in der Video- oder Tontechnik benötigt werden, einkalkuliert werden. Sehr gut ist es auch eine feste Stelle zu schaffen, die sich um die Koordination und Durchführung kümmert und die Schnittstelle zwischen den Gewerken bildet.